Die am meisten bis zum Hals in Arbeit steckende mir bekannte Person bin erstaunlicherweise nicht ich selbst, sondern die beste Ehefrau von allen. Neulich, als ich mich auf dem Sofa in Gedanken und die Gattin sich konzentriert in Personalplanung verlor, läutete das Telefon. Stetig und geflissentlich ignoriere ich das. Nicht so meine Frau – jedenfalls nicht mehr nach dem 35. Klingeln. Sie explodierte förmlich, schrie nicht direkt, gab aber in aller Deutlichkeit bekannt, dass sie nicht zu sprechen sei, selbst wenn der Papst anruft.
Das allerdings war mangels Papstes gar nicht möglich. Daher schoss mir die Formel „Der König ist tot, es lebe der König“ in den Sinn, um die die Kirche die Monarchie beneidet. Auf diese Weise wird der Tod des alten Königs bekannt gemacht und gleichzeitig der neue ausgerufen. Die lückenlose Kontinuität ist praktisch und würde das aufwendige Konklave, also die Papstwahl, entbehrlich machen.
Im Katholizismus ist es nämlich so, dass sich zu diesem Zweck hunderte sehr alte Männer aus aller Welt auf den Weg nach Rom machen – samt Rollatoren, Gebissreiniger, Arzneien und allem, was ein Kardinal auf Reisen so benötigt. Die Altherren tragen knallig rote Gewänder, womit sie überall auffallen. Denn im Alter – wusste schon meine liebe Oma Börgermoor – werden ältere Menschen oft nicht wahrgenommen und übersehen. Einfach so, man sieht regelrecht durch sie hindurch, vermutlich weil Bindegewebe und Ausstrahlung im selben Takt erschlaffen. Die Soutane, wenn man so will, dient als sakrale Warnweste.
In Rom angekommen, versammeln sich die bunten Eminenzen im Vatikan, wo sie weggeschlossen werden, um den Nachfolger für ein heiliges Sitzmöbel, den Stuhl Petri, zu bestimmen. Das findet in der Sixtinischen Kapelle statt, die in dieser Zeit einer Senioren-Wohngemeinschaft gleichkommt. Wenn Rauch aufsteigt, haben die Senioren nicht etwa gezündelt und die vatikanische Feuerwehr ist womöglich ausrückt. Nein, die Rauchzeichen signalisieren, dass ein neuer alter Mann zum Papst gewählt wurde.
Dafür infrage käme jedes der 1,2 Milliarden getauften Mitglieder des Christentums mit Glied. Die ohne ein solches, also genitalisch benachteiligte Frauen, sind da außen vor. Das Kirchenrecht erlaubt dem schönen Geschlecht das höchste Ordinationsamt nicht. Und auch kein anderes. Der Papst wird betitelt als Pontifex maximus „der oberste Brückenbauer“.
So ein Chef-Brückenbauer würde auch Deutschland gut zu Gesicht stehen, bedenkt man, dass hierzulande gut 16.000 Brücken mindestens so marode und erneuerungsbedürftig sind wie die katholische Kirche.
Minuten nachdem das Telefongebimmel schließlich verstummte, stand Bini Pötter bei uns in der Tür und wollte wissen, ob unser Apparat kaputt sei. By the way: Bini wäre der ideale Papst. Sie ist nicht mehr die Jüngste, hat Schneid und die großen Ohren am Puls der Zeit. Womöglich titelt die BILD eines Tages: Wir sind Päpstin!


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