Streit um Fahrradstraße am Hardy-Loppmann-Ring

Satire von @TropenHelmut

Weil meine Nachbarin Bini Pötter immer sagt, „lever mit ’t Rad na d’ Strand, as mit d’ Mercedes na ’d Arbeit“, wurde ich schwach. Selbst als Ostfriese, also Angehöriger eines zu allem entschlossenen Volkes, erlag ich dem Konsum. Zugelegt habe ich mir ein Fahrrad mit elektrischem Antrieb, ein 𝐄-𝐁𝐢𝐤𝐞, ein luxuriöses obendrein, mit allem Pipapo. Quasi das Porsche-SUV unter den Drahteseln. „Trust in Allah but watch your camel!🐫“, habe ich vom Araber gelernt. Folglich wird mein Rad mit einer voluminösen Kette gesichert, die sich mühelos mit der Ankerkette der 𝐓𝐢𝐭𝐚𝐧𝐢𝐜 hätte messen können. Apropos Katastrophe!

Letzte Woche warf ich alle Vernunft über Bord, vertraute mich den Schmetterlingen im Bauch an und unternahm einen 𝐒𝐞𝐥𝐛𝐬𝐭𝐯𝐞𝐫𝐬𝐮𝐜𝐡: Vom ausnahmsweise nicht überfluteten Hardy-Loppmann-Ring (die anhaltende Dürre hat auch ihr Gutes) wollte ich quer durch die Stadt nach Aschendorf, dem Brooklyn Bad Papenburgs, radeln. Dabei geriet ich anfangs auf den selbstmörderischen Fahrrad-𝐓𝐨𝐝𝐞𝐬𝐬𝐭𝐫𝐞𝐢𝐟𝐞𝐧 am Splitting links, wobei ich mir beinah in die Hosen machte. Ebenso gut kann man sich mit der Fiets als 𝐆𝐞𝐢𝐬𝐭𝐞𝐫𝐟𝐚𝐡𝐫𝐞𝐫 auf die A31 Richtung Süden begeben, wenn in NRW die Sommerferien beginnen. Der Angstschweiß konnte an der Kreuzung 1. Wiek/Mittelkanal in einer unfreiwilligen 15minütigen Pause trocknen, bis es mir schließlich gelang, die Straße zu überqueren. Danach fand ich mich auf einer sog. „𝐅𝐚𝐡𝐫𝐫𝐚𝐝𝐬𝐭𝐫𝐚ß𝐞“ wieder.

Schnell wurde klar, dass man diese nur deshalb als solche ausgerufen hat, um eine zu haben – nicht aber, weil sie Sinn macht. Immerhin kann das rumpelige Straßenpflaster mühelos mit der Beschaffenheit der meisten Fehnstadt-Radwege mithalten. Nach wenigen hundert Metern dann die erste abrupte Unterbrechung der Fahrradstraße: Autos und LKW auf dem 𝐇𝐢𝐠𝐡𝐰𝐚𝐲 𝐠𝐞𝐧 𝐎𝐬𝐭𝐟𝐫𝐢𝐞𝐬𝐥𝐚𝐧𝐝 genießen selbstverständlich Vorrang. Die Querung gedeiht auch hier zum Wagnis. In kurzen Abständen folgten weitere hanebüchene Stopps mit ebenfalls bevorrechtigtem Kraftverkehr. Der surrende Elektromotor erreichte kaum 20km/h, als es erneut hieß: Anhalten, absteigen, warten! – um hurtig aufs letzte Teilstück der Fahrradstraße zu fliehen, wo ich von einem Heranwachsenden mit 5.000Watt-Subwoofer und 50PS-Motor eines tiefergelegten 𝐏𝐨𝐥𝐨-𝐅𝐨𝐱 an die Seite gehupt wurde. Auf den luxuriösen, beinah marmorhaften Touristenpfaden rund um Rathaus, Nobelhotels und Stadtvillen fanden meine Nerven und die überbeanspruchte Gesäßmuskulatur Entspannung. Doch nur kurz: Auf meinem Kamikaze-Ritt kam ich ans verwahrloste Autohaus-Gelände. Im Zuge des wieder in Mode gekommenen Wettrüstwahns ein ideales Areal, um dort Trägerraketen für 𝐚𝐭𝐨𝐦𝐚𝐫𝐞 𝐒𝐩𝐫𝐞𝐧𝐠𝐤ö𝐩𝐟𝐞 zu stationieren. Es bliebe sogar noch Platz für Bad Papenburgs liebstes Kind: eine 𝐁𝐞𝐫𝐥𝐢𝐧𝐞𝐫𝐛𝐮𝐝𝐞 und exklusive Pershing-Krapfen mit Erdbeerfüllung, schoss es mir durch den durchgerüttelten Kopf.

Übrigens bin ich nie in Aschendorf angekommen, denn die Radwege entlang der Emdener Straße könnten selbst im putinösen Aleppo oder Mariupol nicht schlimmer sein. Radfahrer haben in der Ems-Metropole die 𝐀𝐫𝐬𝐜𝐡𝐤𝐚𝐫𝐭𝐞. Oder, um es mit Binis Worten zu sagen: „Das Leben ist eine Autowaschanlage, und du fährst Fahrrad.“

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